Die AGNUS forderte seit langem von der Stadt Bruchsal, das Stadtgrün komplett ökologisch neu zu organisieren. Insbesondere sollen heimische, insektenfreundliche Stauden und Gräser dafür benutzt werden, die öden und nutzlosen Bodendecker zu ersetzen. Es gibt genügend geeignete und heimische Stauden, die dekorativ blühen und daher auch optisch "etwas hermachen" (siehe die "Bruchsaler Gartenliste" der AGNUS). Allerdings ist der Pflegeaufwand einer solchen Fläche etwas höher als bei den Bodendeckern. In den umliegenden Gemeinden, z. B. Bretten, gibt es bereits lobenswerte Pilotprojekte.
OB Petzold-Schick und die Stadtverwaltung stimmten 2020 einem Pilotprojekt zu. Am südlichen Ende der Weiherbergstraße, bei der alten Feuerwehrschule, gibt es eine Verkehrs"insel", die seit Jahrzehnten mit ödem Cotoneaster bepflanzt war. Ohne heimischen Baum und Strauch - einfach nur Bodendecker, einmal im Jahr auf Stock gesetzt. Im Zuge der Ertüchtigung der Entwässerung für das neue Baugebiet waren an dem Abwasserschacht, der sich dort befindet, größere Baumaßnahmen fällig, und die Bepflanzung wurde komplett entfernt. Die AGNUS machte daher den Vorschlag, ob es bei dieser Gelegenheit nicht an der Zeit wäre, diese Fläche sinnvoll zu nutzen und so naturnah wie möglich zu gestallten, um eine „Musterfläche” zu schaffen. Die AGNUS bot an, die Pflege der Fläche zu übernehmen und bei der Bepflanzung zu beraten. Anfang 2021 wurde zusammen mit der Stadt Bruchsal ein Plan ausgearbeitet, bei dem auch darauf geachtet wurde, dass die Pflanzen tatsächlich aus heimischen Beständen kommen. Deswegen wurden die Pflanzen durch die Stadt bei einer spezialisierten Gärtnerei im Südschwarzwald geordert (siehe auch die "Bruchsaler Gartenliste").
Ausgewählt - und von der Stadt Bruchsal finanziert - wurden mehrjährige Stauden, die gleichzeitig dekorativ sind, als Insekten-Nahrungsquelle dienen und auch in der Bruchsaler Region wild vorkommen: vor allem Blut-Storchschnabel, Wiesen-Salbei, Aufrechter Ziest, Diptam, Kalkaster, Skabiosen-Flockenblume, Königskerzen, Moschus-Malve, Frühlings-Platterbse und Kartäusernelke.
Die AGNUS spendierte dazu Raritäten aus eigener Vermehrung mit besonderem lokalen Bezug, z. B. Platanenblättriger Hahnenfuß (aus dem Stromberg), Echtes Herzgespann (vom Michaelsberg), Fuchsschwanz-Klee (leider nicht vom Michaelsberg, dort sind die letzten Exemplare unfruchtbar), Deutscher Ziest (Abkömmling der letzten Exemplare des Landkreises bei Bretten), Pechnelke (von der "Alten Bahntrasse" bei Graben, im ganzen Landkreis ausgestorben), Ästige Graslilie (vom Michaelsberg) und Pfirsichblättrige Glockenblume. Dazu kommen noch einjährige Pflanzen, die entweder aus dem Boden wild aufgingen (verschiedene Acker- und Hundskamillen, Klatschmohn) oder im Wildblumen-Saatgut enthalten sind (Nelken-Leimkraut). Bei den Sträuchern im Zentrum musste dagegen ein Kompromiss gefunden werden, da es kaum geeignete heimische Sträucher gibt. Daher wurden der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus), eine hervorragende Sommer-Bienenweide mit Heimat Mittelmeer und die Felsenbirne (Amelanchier) als Frühjahrsblüher ausgewählt.
Die Umsetzung war 2021 zunächst problematisch, obwohl alle Beteiligten mit großem Enthusiasmus an das Projekt herangingen und die Stadt Bruchsal viel Arbeit (und Geld) bei der Neuanlage und Bepflanzung investierte. Wie sich herausstellte, stammte der ausgebrachte Boden aus einer Kompostierung und war mit großen Mengen von "Unkraut-Samen" verseucht. Die AGNUS musste daher mehrfach in Wochenend-Einsätzen zum Jäten anrücken, um Zentner von Fuchsschwanz, Gänsefuß, Portulak oder Vogelmiere zu entfernen, ohne die empfindlichen gepflanzten Stauden zu beschädigen (was nicht immer gelang). Dabei war auch notwendig, botanikkundiges „Personal vom Fach” zu haben, da die meist gestellten Fragen waren: "soll das weg oder bleibt es... und weiß einer was das ist"? Eine Zeitlang verzweifelten wir fast. Wenn wir noch einmal solch ein Projekt anfangen, achten wir stärker auf den ausgebrachten Boden, und vor allem legen wir wohl zunächst eine Wiese an, in die dann die gewünschten Stauden gesetzt werden.
Im Frühjahr 2022 wurde die Fläche schließlich nochmal gründlich gejätet (erneut ein Wochenende Arbeit), aber seither blüht alles, und die überlebenden Stauden haben sich sehr schön entwickelt, sogar der empfindliche Diptam. Im Mai 2022 wurden schließlich das von der AGNUS spendierte Hinweisschild angebracht, denn einige Anwohner hatten sich schon gewundert und teilweise auch telefonisch von der Stadt verlangt, mehr Ordnung in die Fläche zu bringen. Außerdem wurden die freien Flächen vorsichtig mit - von der Stadt besorgtem - Rindenhäcksel gemulcht, um die einjährigen Unkräuter zu unterdrücken. Nach all den Anfangsschwierigkeiten sind wir mittlerweile sehr optimistisch, das Projekt zu einem guten Stand zu bringen, auch zur Freude der Anwohner.
Mancher wird sich vielleicht fragen: Was bringt schon eine Verkehrsinsel? Aber wenn man viele solcher Flächen schafft, kann das durchaus ein wichtiger Beitrag sein. Als übles Gegenbeispiel kann man die Bepflanzung am neuen Feuerwehrhaus aufzeigen - da wurde wirklich ohne Sinn- und Verstand vorgegangen!
Die Stadt Bruchsal hat unter Beteiligung des Bauhofs und des Umweltamts auch andernorts begonnen, Flächen mit bienenfreundlichen Mischungen oder wenigstens mit Blühstauden zu bepflanzen, anstatt Bodendecker oder Kartoffelrosen zu verwenden. Gute Beispiele sieht man bereits an der südlichen Karlsruher Straße und direkt daneben am Südende der Prinz-Wilhelm-Straße nahe der "Obdachlosen-Grünfläche", wo bereits der Natternkopf beginnt, Bienen anzulocken. Hier hat die Stadt Bruchsal naturnah und sehr ansprechend bepflanzt!
Die AGNUS brachte schließlich ein selbst designtes Informationsschild auf der Verkehrsinsel an - zum einen, um auf den Projektcharakter der Fläche hinzuweisen - zum anderen haben wir von der Stadt Bruchsal auch gehört, dass es durchaus Beschwerden von „ordnungsliebenden” Bürgern gab, da eine solche Fläche in der ersten Zeit leicht mal etwas ungepflegt wirken kann. (Die Beschwerdeführer können sich gerne bei der AGNUS melden und uns bei der Pflege der Fläche helfen. Wir können aus eigener Erfahrung sagen, die Fläche wird bein Jäten immer größer...!)
(15.5.2022 UHa)