Mager- und Trockenrasen

Mager- oder Trockenrasen sind magere, besonnte Extrembio­tope. Sie finden sich im Gebiet meistens an Hän­gen, z.B. in alten Weinbergen. Obwohl ein Trocken­rasen einer Magerwiese von weitem ziemlich ähn­lich sieht, unter­scheidet er sich in vielen wichtigen Aspekten. So besteht ein Trockenrasen aus mehr­jähri­gen Pflanzen mit ausge­dehntem Wurzelwerk, die das Aufkommen einjähri­ger Arten weitgehend verhindern. Sein Anteil an Gräsern ist gering, vergli­chen zur Wiese; außerdem kommen nur angepaßte Gräser vor. Trocken­rasen werden maximal einmal jährlich gemäht und sind traditionsgemäß fast nur durch Schafweide ge­nutzt worden.

Vergleicht man die Monatsmitteltemperaturverläufe beispielsweise auf einem Trockenrasen und in ei­nem an­grenzenden Wald, so findet man, dass sich die Minimalwerte (um 0°C) der beiden Formationen kaum unter­scheiden, wohl aber die Maxima. Beim Trockenrasen zeigen sie sehr viel stärker ausge­prägte "Sommer­spit­zen" (um 50°C). Auch im Winter kann die Temperatur von Trockenhängen relativ hoch sein, da die Kaltluft ins Tal abfließt. Wegen der extremen Temperaturen verlagern sich Trocken­rasenpflanzen im Ver­gleich zu Wie­senpflanzen stärker ins tiefere, kühlere Erdreich. Das Verhältnis der unterirdischen zur oberirdi­schen Biomasse be­trägt bei Wiesenpflanzen vor der Mahd ca. 5:1, bei Trockenrasenpflanzen dagegen rund 14:1. Die ober­irdi­schen Teile sind im Trockenrasen stark an­ge­paßt: Niederwuchs paart sich mit kleinen Blät­tern, die bei den Gräsern zudem noch schmal und häufig eingerollt sind. Verdunstungs­hemmend wirken auch starke Behaarung und wachsartige Blattüberzüge.

Die Gesamtfläche der Trockenrasen im vorderen Kraichgau ist sehr gering (wenige 10 ha!). Bereits früher war ihre Fläche nicht groß; heute sind sie durch Eu­trophierung, Ver­buschung und Aufforstung, durch das Ausbleiben der früher verbrei­teten Schafbewei­dung oder einfach durch Umnutzung und Flurbe­rei­nigung bis auf wenige Re­likte verschwun­den. Be­sonders kata­strophal wirkten sich im Gebiet dabei die groß­flächigen Flur­bereinigungen der 60er Jahre aus. Auch die Veränderung der Pflanzen­ge­sell­schaf­ten der Mesobrometen durch Luftdüngung und die folgende Ausbreitung von Brachy­podium pinna­tum beeinträch­tigten die Gesellschaften deut­lich.

Der Gürtel der Halbtrockenrasen in der Region zieht sich am vorderen Kraich­gaurand vom Turmberg bei Dur­lach bis nordöstlich von Bruchsal bei Zeutern; bevorzugt am sonnenexponierten Rand des Hügel­lands und nur in wenigen Ausnahmen entlang der Kraichgautäler wenige km ins Hügelland hinein (z.B. bei Zeutern). Erst am Stromberg finden sich auf steilen Keuperhängen wieder ausgedehnte Trocken­rasen­komplexe; desgleichen im südlichen Kraich­gau z. B. bei Pforzheim, im Pfinztal oder bei Ersin­gen. Der nördliche Kraichgau ist weitaus ärmer an Trockenstandorten.

Die Gemarkung Bruchsal war einst reich an den ty­pischen Halbtrockenrasen der Hohlwegraine und Stufenraine des Kraichgaus. Die meisten sind durch Überdüngung von den benachbarten Feldern aus eutrophiert und mit nitrophilen Pflanzen überwuchert (Robinie, Brennesseln etc.). Die einzigen heute noch nennenswerten Trockenrasenkomplexe der Region finden sich rund um den Michaelsberg bei Untergrombach; sie waren schon mehrfach das Objekt botani­scher Untersuchungen (besonders wichtig Bartsch & Bartsch 1931, Oberdor­fer 1934, 1936 und 1938 sowie Hölzer 1971). Daneben sind noch kleinere Mesobro­me­ten‑Kom­plexe rund um Weingarten und Zeutern erhalten; in der Rhein­ebene fehlt das Biotop vollkommen und tritt erst wieder sekundär auf den Rheindämmen entlang des Stroms auf. Das Juwel der Gemarkung ist der Steppenheide-Trockenrasen am Michaelsberg-Kaiserberg, der allerdings in den 1970er bis 1980er Jahren durch mangelhafte Pflege schwe­ren Schaden nahm. Einige seiner Pflanzen sind mittlerweile ver­schwunden.

Die schönen Halbtrockenrasenflecken des Gebiets im Nordosten Bruchsals mit Zentrum im "Steiner" und vor­deren Rohrbachtal wurden in den 80er Jahren durch Eutrophierung, mangelnde Pflege und aktive (teilweise illegale!) Aufforstung fast vollstän­dig vernichtet. Besonders bemerkenswert ist hier noch die Gemarkung Un­teröwisheim, die von unse­rem Gebiet tangiert wird: hier sehen wir noch zahl­reiche schöne Hohlwege und Stufenraine. Aber auch hier sind viele ehemalige Halbtrockenrasen von Robinien über­wuchert. Eine merkwürdige Zwischenstellung nimmt der Flugplatzbereich des Stand­ortübungsplatzes ein, wo eine mit Schafen beweidete Wiese schon sehr trockenen Charakter annimmt. Auf der alten Fahr­schulbahn (Anfang der 90er Jahre stillgelegt) sind sehr schöne Halbtrockenrasen- und Magerbereiche mit kleinen Lösswänden und vielen seltenen Pflan­zen zu sehen. Am Kopfbuckel, Bergwald sowie Habichtsbuckel südlich und südwestlich von Untergrombach gibt es noch zahlreiche kleine Flächen mit Saumtrockenra­sen und warmen Säumen (s.u.).

 

Formen von Trockenrasen

 

Die Trockenrasen sind durch Sukzession aus ganz verschiedenen Pri­märbiotopen entstanden: es kann sich um alte Weinberge handeln (vgl. Hölzer 1971), aber auch um aufge­las­sene, magere Äcker (Schuldes 1988) und schafbeweidete Trockenwie­sen. Heutzu­tage entstehen aus derartigen Flächen nach dem Brachfallen keine neuen Halb­trocken­ra­sen mehr, da die Nährstoffgehalte der Böden zu hoch sind und außerdem die Goldruten (Solidago) sehr schnell die Böden bedecken.

Dabei handelt es sich im wesentlichen um Halb­trockenrasen; Volltrockenrasen kommen nicht und die Steppen­heidegesell­schaften mit Aster linosyris nur an ganz wenigen, besonders exponierten Stellen vor. Die Diversität ist dennoch beachtlich: man kann zahlreiche spezielle Halbtrockenrasen‑ und Saum­trocken­rasentypen unter­scheiden. Diese sind aber nirgends klar abgegrenzt, man findet alle Über­gänge.

 

Im wesentlichen finden wir im westlichen Kraichgau:

 

 

Volltrockenrasen

Der eigentliche "Volltrockenrasen" (Xerobrometum) ist von Natur aus gehölzfrei. Er kommt im Gebiet nicht vor und war vermutlich in Baden-Württemberg nur an einigen extremen Felslagen des Kaiserstuhls zu finden. Fast alle Trockenrasen des Gebiets gehö­ren in die gemäßigtere Kategorie der Halbtrocken­rasen (Mesobrometum), die ohne Nutzung - wenn auch sehr langsam - wieder verbuschen und sich letzt­end­lich zu einem wärmelieben­den Eichenwald entwickeln würden.

Steppenheide-Trockenrasen (Aster-linosyris-Gesellschaft)

Dies ist ein besonders exponierter Trockenrasen, der sich in seiner Artzusammensetzung vom "norma­len" Halbtrockenrasen deutlich unter­scheidet. Er kommt im Gebiet nur im zentralen Bereich des NSG Kaiser­berg (Michaelsberg) bei Untergrombach vor. Die Gesellschaft wird ge­prägt von der im Herbst blühenden Gold­haara­ster (Aster linosyris), im Sommer dagegen von der Ästigen Graslilie (Anthericum ramosum). Weitere Charakterarten sind der Schmalblättrige Lein (Linum tenuifolium), die Hirschwurz (Peucedanum cer­va­ria) sowie viele Moose und Flechten in lückigen Stellen. Als Sandart der Ober­rheinebene hat die Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) ihren Weg in diese Ge­sellschaft gefun­den.

Halbtrockenrasen (Mesobrometum)

Die eigentlichen Halbtrockenrasen waren im Kraichgau an vielen Stellen zu finden. Sie sind besonders tier- und artenreich. Alle Halbtrocken­rasen sind von Pflege abhängig und verbuschen ohne diese mehr oder weniger schnell. Dabei führt die "normale" Sukzession durch Überhand­nehmen von Sträuchern wie Weiß­dorn, Schlehe oder Hartriegel zur wärmeliebenden Strauchge­sellschaft.

Es gibt zahllose Charakterarten von Halbtrocken­rasen. Besonders zu erwähnen sind die ver­schiedenen Orchideenarten (Ophrys apifera, Ophrys fuciflora, Gymnadenia conopsea, Listera ovata, Orchis militaris, Aceras anthropophorum u.v.a.), verschiedene Arten der Schmetterlings­blütler oder die beiden Enziane Gentiana ciliata und Gentiana cruciata. Der Fransenenzian (Gentiana cilia­ta) ist als Herbstblüher empfindlich auf eine Mahd im Sommer und kann nur überleben, wenn der Trockenrasen von Schafen beweidet oder gezielt gepflegt wird (die Schafe fressen die bit­tere und giftige Pflan­ze nicht).

Halbtrockenrasen sind im Gebiet des Michaels­bergs, Weiertals und Habichtsbuckels bei Unter­grombach zu finden; früher nordöstlich von Bruchsal im FND "Steiner", am Eisenhut und in einigen kleinen Flecken süd­westlich von Un­teröwisheim (Gew. Kuth). Die nächsten größeren Flächen befinden sich bei Zeutern (Rotes Kreuz).

Saumtrockenrasen (Geranio-Sanguinetum) und Anemonen-Berghaarstranggesellschaft

Der Blutstorchschnabel-Trockenrasen (Geranio-Sanguinetum) ist eine interessante Untergliede­rung, die sich vor allem entlang von warmen Säumen oder im Übergangsbereich von Trockenrasen zur Hecke findet. Natürlich gibt es alle Übergänge zu den "normalen" Trockenrasen. Charakterpflanzen sind z. B. der Blut­storch­schna­bel (Geranium sanguineum) selber, dazu Färberginster (Genista tinctoria), Deutscher Gin­ster (Genista germanica), Grün­liche Waldhya­zin­the (Platanthera chlorantha) oder Hain-Hah­nen­fuß (Ranunculus nemorosus).

Die Sukzession von Blutstorchschnabel-Saum­trockenrasen führt im Gebiet an vielen Stellen durch Über­handnehmen der Zitterpappel (Popu­lus tremula) zu einem fast reinen Zitter­pappel-Wald. Beson­ders augenfällig ist dies am Ha­bichts­buckel oder am nördlichen Michaelsberg.

Geranio-Sanguineta kommen im Gebiet vor al­lem am Michaelsberg vor, daneben am Ha­bichtsbuckel, am nördlichen Michaelsberg (Grund) und - beinahe schon zum Pappelwald geworden - am Kopfbuckel und un­teren Berg­wald in der Nähe der Ungeheuerklamm.

Die verwandte Anemonen-Berghaarstranggesell­schaft mit den Charakterarten Große Anemone (Ane­mone syl­vestris) und Berghaarstrang (Peucedanum oreoselinum) kommt im Gebiet nicht vor. Es gibt aber einige Blutstorchschnabel-Gesellschaften, in die der Berghaarstrang - von der Rheinebene aus kommend - einge­wandert ist und dort zur Charakterart geworden ist. Dies können wir vor allem auf dem Habichtsbuckel be­obachten, daneben auf einer kleinen Fläche direkt bei der Ungeheuerklamm.

Trockenwarme Säume (Trifolion medii)

Diese Sammelgruppe von Pflanzengesellschaf­ten mit der Charakterart Mittlerer Klee (Trifolium medium) bildet den Übergang von Halbtrocken­rasen zum wärmeliebenden Gebüsch. Sie tritt an vielen Stellen im Unterwuchs oder am Rand von Gebüschen auf, wo die Bedingungen nicht aus­reichend waren, damit sich ein "richtiger" Halb­trockenrasen entwickeln konnte. Die Übergänge zur Blutstorchschnabel-Gesell­schaft, die sich ebenfalls an Gebüschsäumen halten kann, sind fließend.

Solche Säume sind im Gebiet vor allem am vor­deren Kraichgaurand (Eichelberg bis Weingar­ten) zu finden; ein besonders schönes Beispiel sehen wir oberhalb der Ungeheuerklamm.

Lückige Stellen in Trockenrasen

Lückige, offene Stellen in Trockenrasen werden von Spezialistenarten besiedelt. Typisch hierfür sind Kühchenschelle (Pulsatilla vulgaris), Große Anemone (Anemone sylvestris), Zy­pressenwolfsmilch (Euphorbia cyparis­sias), das Sonnen­röschen (Helianthemum num­mularium) sowie zahl­reiche Moose und Flechten.

 

 

Übergänge vom Halbtrockenrasen zu Magerwie­sen und Streuobst

Diese Übergänge sind völlig fließend. Die Gren­zen von Halbtrockenrasen lassen sich in der Re­gel nicht genau angeben. Besonders charakte­ri­stisch für derartige extensiv genutzte und troc­ke­ne Wiesen­flächen sind z. B. die Kronwicke (Coronilla varia) oder der Hornklee (Lotus cor­niculatus). Auch Orchideen wie Ana­camptis py­ramidalis oder der Berghaarstrang (Peucedanum oreoselinum) wandern in diese Biotope ein, so­bald selten oder spät gemäht wird.

Im Gebiet finden sich Übergangsgesellschaften an vielen Stellen. Besonders großflächig sind sie am nördli­chen Michaelsberg im "Grund" sowie am Habichtsbuckel ausgeprägt. Falls hier in den nächsten Jahren das Aufkommen der Goldrute einigermaßen erfolgreich durch regelmäßige Mahd bekämpft werden kann, kön­nen wir evtl. neue Trockenrasenflächen schaffen.

 

 

Fiederzwenken-Gesellschaften

Durch mäßige Düngung (z. B. durch den Luftein­trag von Nährstoffen) und langsame Eutrophie­rung nimmt in Trockenrasen in der Regel die Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum) über­hand. Sie über­zieht mit ih­rem dichten Wurzelfilz den Trockenrasen und verhindert so das Auf­kommen von anderen Arten. Die Be­stände sind stark verarmt. Abhilfe kann nur Reduktion der Eutrophierung und vor allem regelmäßige Mahd mit Austragen des Mähguts schaffen.

Fiederzwenken-Bestände finden sich im Gebiet in fast allen verbliebenen Trockenrasen. Beson­ders an Hohlwegrainen haben sie oft die Trockenrasen völlig verdrängt (z. B. an der Geckelterhohle bei Heidels­heim u.v.a.).