Feuchtbiotope

Flachmoore

Im Lauf der Randsenke ("Kinzig-Murg-Rinne") ent­lang des Graben­bruchs der Rheinebene bildeten sich zahlreiche Flach­moore und ihre Vorstufe, die Feuchtwiesen, aus. Die Bruchsaler Gemarkung war daher früher relativ reich an Moor­pflanzen, die man normaler­weise eher im Allgäu oder in Oberschwa­ben vermu­ten würde, nicht aber in der "trockenwarmen" Rheinebene. Sämtliche echten Moore der Gemarkung sind mitt­lerweile überbaut, trockengelegt oder sonstwie ver­nich­tet.

Das vermutlich schönste Moor befand sich in den Schönbornwiesen knapp südlich des Bruch­saler Orts­rands auf Höhe des gewerblichen Bil­dungszentrums. Noch heute erkennt man auf den Feldern die sehr dunkel oder fast schwarz gefärbten Moorböden. Das Moor wurde ab den 30er Jahren durch Kanalisierung und Entwässe­rung trockenge­legt und teilweise aufgefüllt. Oberdorfer fand hier 1934 zahlreiche Moor­pflanzen letztmals für die ge­samte Region: u. a. Pedicularis palustris (Sumpf-Läusekraut) oder Menyanthes trifoliata (Fieberklee). Andere Schlammbodenpflanzen hielten sich noch etwas länger. Ein überaus interessantes "Mini"-Moor muss auch auf Höhe des heutigen Hallenbades Bruchsal gele­gen haben. Es wurde beim Bau der Bahnlinie Bruchsal-Graben weitgehend vernichtet.

Viel länger hielt sich dagegen noch das Ubstadter Moor. Seine letzten Reste verschwanden erst ge­gen Ende der 80er Jahre unter Mülldeponie und Schnellbahn. Hier fand Düll im 19. Jahrhundert noch das Sumpf-Kna­benkraut (Orchis palustris). Reste der ehemals reichen Flora sind heute noch in den nördlich angrenzenden Silzenwiesen zu finden.

Das vierte offene Moor der Gemarkung lag südlich von Karlsdorf am Eiergraben. Trockene Felder entlang der Autobahn lassen heute kaum noch ah­nen, dass Oberdorfer hier noch 1934 ausgedehnte Moor­flächen kartie­ren konnte, die alle Übergangs­stadien zu Schilf- und Seggenbiotopen zeigten. Auch die Erlenbruchwälder der Randsenke ("Kinzig-Murg-Rinne") gehören eigentlich zu den Moor-Re­sten, werden aber erst im Kapitel "Wälder" bespro­chen.

 

Seggen-, Binsen- und Pfeifengraswiesen

Seggen- und Binsenwiesen entwickelten sich in den Randbereichen von Flachmooren, aber auch an Stellen, die zuwenig feucht waren, um Torfmoore zu bilden. Diese Flächen waren früher weitgehend in kommuna­lem Eigentum und wurden als sogenannte Streuwiesen extensiv genutzt, d. h. einmal im Jahr oder in sehr großen Abständen ge­mäht, soweit das Pflanzenwachstum es zuließ. Die Sauergräser wa­ren weitaus weniger nährstoffhaltig als die Süßgrä­ser einer normalen Wiese. Diese ex­tensive Nutzung begün­stigte viele Pflan­zenarten. Derartige Biotope waren früher nicht nur in der Nie­derterrasse des Rheins, sondern wie die Moore vor allem in den Bereichen der Randsenke ("Kinzig-Murg-Rinne") zu finden. Beson­ders schön ausge­prägt waren sie südwestlich von Bruchsal in den so­ge­nannten Schönbornwiesen (s.o.). Dort besteht jetzt noch ein kleiner Rest der von Oberdorfer ge­nau beschriebenen Biotope. Merkwür­digerweise geht dieser nicht auf die Gebiete des Ubstadter Bruchs ein (jetzige Müll­deponie). Außer diesem kleinen Rest bestanden auf dem Gelände der Müll­deponie noch größere Flächen dieser As­soziatio­nen; diese sind 1986 durch die Deponieer­weiterung und den Bau der Schnellbahn zerstört worden. Etli­che der hierher gehörigen Arten sind heute nur noch in den lichten Erlen­bruchwäldern zu finden, ins­be­sondere in der Büchenauer Hardt. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn aus diesen Gesellschaften fast alle Arten verschwunden oder stark bedroht sind. Damit sind diese Biotope die am schwersten geschädigten Biotope der Gemarkung. Eine Verbes­serung ist nicht in Aussicht (kleine Am­phibientümpel bringen diese Arten nicht zurück!). Eine Überlebenschance besaßen nur die Arten, die in Schlammbiotopen oder Trittstellen leben und nicht auf ungestörte Gesellschaften angewiesen sind. Diese Arten des Agrostidetum albae wurden schon immer am Eisweiher in Bruch­sal gefunden und haben sich an manchen Stellen sogar kurzfristig ver­mehrt, wenn an Bau­stellen oder neu eingerichte­ten Feuchtbiotopen  kurzfristig offene Schlamm‑ oder Schlickbiotope entstehen (siehe auch Kapitel Schlammbiotope).

Die Kategorie der Pfeifengraswiesen kam auf Bruchsaler Gemarkung nur rudimentär vor (z. B. am Eiergra­ben). Große Bestände fanden sich beson­ders im Rhein-Tiefgestade, z. B. bei Graben-Neu­dorf.

Die noch vorhandenen Seggenwiesen der Gemar­kung sind in der Regel der Kategorie "mäßig feucht" zuzuord­nen. Besonders schön sind noch zwei klei­nere Bestände: die feuchtesten Teile der Silzen­wiesen bei Ubstadt sowie die Wiese bei der Tal­schänke in Untergrombach. Hier finden wir typische Pflanzenarten: die Seggen Carex distans, panicea und otrubae, zahlreiche Binsenarten oder die Trau­ben-Trespe Bromus racemosus. In den Silzenwiesen kommt auch noch auf kleiner Fläche eine Besonderheit vor: die Stumpfblütige Binse (Juncus subnodulosus). Die durch sie charak­terisierten Binsenwiesen sind als "Juncetum obtu­siflori" bekannt und leicht durch die dunkelgrüne Farbe dieser großen Art kenntlich. Größere Bestän­de gibt es nur noch im Rhein-Tiefgestade.

 

Großseggenriede

Von ganz anderer Charakteristik als die Seggen- und Binsenwiesen sind die Großseggenriede, die einen Übergang zum Röhricht darstellen. Sie werden von einer Gruppe großer, horstbildender Seggen dominiert. Von ihnen ist Carex acutiformis die mit Abstand häufigste Art. Sie kann manchmal in Reinbeständen auftreten. Alle anderen Großseg­gen kommen im Gebiet nur spärlich vor. Speziell die Reinbestände von Carex acutiformis sind recht artenarm. Lediglich einige andere Arten wie die Sumpfdistel (Cirsium palustre) oder die Kohldistel (Cirsium oleraceum) sind in der Lage, zwischen den Horsten zu wachsen. Die Sukzession von Großseggenrieden führt zum Aufkommen von Weiden und schließlich zur Ausbil­dung eines sehr dichten, stark verfilzten Weiden­busches. Dies kann man in den Bruchwiesen und im NSG Kraich­bachaue bei Unteröwisheim schön se­hen. Großseggenriede bilden sich z. B. durch Ausfall der Mahd in Feuchtwiesen, aber auch in und an sehr feuchten Wäldern. Der größte Bestand im Gebiet liegt in den Bruchwiesen südwestlich von Unter­grombach, die durch verstärkte Mahd teilweise wie­der in "normale" Feuchtwiesen umgewandelt werden sollen. Weitere größere Flächen liegen in den Braunwiesen zwischen Bruchsal und Heidelsheim, daneben außerhalb des engeren kartierten Gebiets in den Breitwiesen und NSG Kraichbachaue bei Unteröwisheim sowie im NSG Stettfel­der Bruch.

 

 

Schilfbiotope und Röhrichte

Analog zu den anderen Feucht­biotopen ist die Ge­samtfläche der Röhrichte im Gebiet äußerst gering. Schilf und Rohrglanzgras als Charakterarten sind allerdings noch recht weit ver­breitet und in der Lage, auch neu entstehende Bio­tope recht schnell wieder­zubesiedeln. Daher finden sich zahllose "Mini"-Röhrichte an Grabenrändern, Baggerseen u. a. Schilfröhrichte sind in der Regel botanisch recht ar­tenarm und besonders als Lebensraum für spezia­li­sierte Tierarten interessant. Diese Tiere benötigen eine große Schilffläche und werden in den Kleinbe­ständen kaum gefunden. Von Schilf abhängig sind u. a. viele Vögel (Teichrohrsänger) oder einige spe­zialisierte Insekten (Grabwespen, Schmetterlinge). Große Röhrichtflächen sind im Gebiet fast nur noch in den Bruchwiesen bei Untergrombach zu finden. Eine kleinere, sekundär entstandene Fläche liegt in den Schönbornwiesen südlich von Bruchsal. Die nächsten bedeutenden Vorkommen liegen im NSG Kraichbachaue bei Unteröwisheim und NSG Stett­fel­der Bruch bei Ubstadt sowie südlich von Staffort. Die großen Röhricht-Seggen-Moorwiesenflächen des Ubstadter Moors sind dagegen unter Müllde­ponie und Schnellbahn verschwunden.

 

 

Schlammgesellschaften, Schlickböden, Verlandungsbereiche und Gänseanger

In Teichen mit wechselnder Wasserführung kom­men angepasste Pflanzenarten vor, die normaler­weise auf Flussauen und Überschwemmungsgebiete (z. B. Altrhein) spezialisiert sind. Sie wachsen im Schlamm­bereich, nachdem das Wasser wieder zu­rückgeht. Einen Spezialfall dieser Biotope stellen Hanfrötzen und Schweine­weiden (Gänseanger) dar, die in der Regel stark eutrophiert sind. Im Gebiet kam auf der früheren Eislaufbahn des Eisweihers am südlichen Ortsrand von Bruchsal ei­ne bei Botanikern sehr bekannte und artenreiche Schlammgesellschaft vor. Sie profitierte von der Nähe des Flach­moors der Schönbornwiesen. Mit diesem und mit gleichartigen Biotopen im Rhein-Tiefgestade bestand eine Arten­kommunikation. Leider sind die gesamten Raritäten der Schlamm­gesellschaften, noch bis in die 50er Jahre hier häu­fig, mittler­weile verschwunden. Unter ihnen sind z. B. das Heusenkraut (Ludwigia) oder der Erdbeerklee (Trifolium fragife­rum) zu nennen. Gelegentlich tauchen an neu angelegten Amphi­bienbiotopen, die langsam wieder trockenfallen, mit Pflanz­bal­len eingeschleppte Arten auf, die sich aber in der Regel nicht halten können (z. B. ein kurzfristi­ges Vorkommen von Lythrum portula an den neuen Teichen der Wiesbachquelle 1988-89).

Ein typisch "altmodischer" Biotop sind die soge­nannten Gänseanger oder Schweineweiden. Das sind eutrophierte, durch Gänse- oder Schweinekot stark belastete Rohboden- oder Schlammflächen. Früher ge­hörten sie im Außenbereich von Dörfern zum Alltag. Durch den Kot wurden die Flächen auch stark mit Salzen und Nitraten belastet. Eine ganze Reihe von Pflanzen hatte sich früher auf diese Biotope spezialisiert, darunter viele Gänse­fußgewächse (Cheno­podia­ceae), unter denen sich sowieso eine ganze Reihe salztoleranter Pflanzen von Küsten, Brack­wasser und Lagunen befindet. Die "typischen" Gän­seangerpflanzen wie Chenopodium rubrum und C. glaucum sind im Ge­biet nur noch in Schlammfluren am Altrhein zu finden.

 

 

Salzquellen

Von besonderem botanischen Interesse sind die Salzbiotope. Im Binnenland finden sie sich nur an Salzquel­len. Im Gebiet lagen früher die zwei wohl bedeu­tendsten Salzbiotope Baden-Württembergs, die Salzquelle Ubstadt und die Saline Bruchsal. Beide Flächen wurden seit Anfang des 19. Jahrhun­derts wegen ihrer außerge­wöhnlichen Vegetation von Botanikern aus dem ganzen Land besucht, so dass wir viele alte Fundmeldungen besitzen. Vor al­lem durch Zugvögel werden in solchen Biotopen Ar­ten der Küsten und Salzmarschen einge­schleppt.

Während die Nutzung der Saline Bruchsal bereits Ende des 19. Jahrhunderts aufgegeben wurde (Beierle 1955), keine Sole mehr gepumpt wurde und das Salzbiotop verschwand, ist die Salzquelle Ubstadt heute noch vorhanden. Hier kamen bis in die 60er Jahre 3 Pflanzenarten exklusiv für Baden-Württemberg (!) vor: die Echte Sellerie (Apium gra­veolens), die Salzbinse (Juncus gerardii) und die Wiesengerste (Hordeum seca­linum). Der Salz­schwaden (Puccinellia distans), heute an Autobah­nen und Bundesstraßen durch die Salzstreuung häufig, besaß hier ein Altvor­kommen. An der Saline Bruchsal kam ferner im 19. Jahrhundert noch die Salz-Schuppenmiere (Spergularia salina) vor, auch dies eine Küstenart. Nachdem in den 1970er Jahren die Ubstadter Salzquelle beinahe zerstört war (sie befand sich im Garten einer Wirtschaft!), wurde sie in den 2000er Jahren schließlich als kleines Naturdenkmal mit Gemeinde- und Naturschutzgeldern gerettet und wieder saniert. Die Echte Sellerie wurde im Botanischen Garten in Karlsruhe aus Samenmaterial der letzten Exemplare wieder vermehrt und ausgebracht. Sie ist dort jetzt wieder in einem schönen Bestand vorhanden, die anderen beiden Spezialistenarten sind leider verschwunden. Ein künstliches Wiederausbringen ("Ansalben") verbietet sich.