Mauern, Felsen, Schotter, Steinriegel

Steinbrüche

Am vorderen Kraichgaurand gibt es im Oberen Mu­schelkalk zahlreiche Steinbrüche, z. B. am Micha­elsberg (am vorderen Hang sowie im Rummler), Kopfbuckel, Langental (Steinbruch im Saugrund), Weiherberg (Steinbruch an der Feuerwehrschule) oder östlich von Bruchsal an Bergstraße, Auweg und im Pfaffenloch (FND "Steiner"). Mit wenigen Ausnahmen (Steinbruch Grundel am Weiherberg) wird hier kein Gestein mehr abgebaut; die meisten Steinbrüche liegen seit über 30-40 Jahren still.

Die Steinbrüche sind in der Regel stark verbuscht, nur noch die eigentlichen Felswände sind besonnt. An Spalten und Vorsprüngen halten sich kleine Moos- und Pflanzenpolster (z. B. mit der Weißen Fetthenne Se­dum album). Als Biotope dienen sie vor allem Vögeln und Säugetieren; auf den Stein­bruchsohlen sind häufig temporäre Klein­gewässer zu finden (Gelbbauchunkenbiotop im FND "Steiner"). Der "Steiner" ist vor allem be­kannt we­gen seiner Halbtrockenrasenreste sowie wegen der offenen, besonnten Lösswand oberhalb der Muschel­kalkschicht mit dem letzten bekannten Vorkommen der Löss-Sternflechte (Solorinella asteriscus) im Ge­biet.

 

 

 

Trockenmauern

Trockenmauern bieten für zahlreiche Tierarten Le­bensraum: Eidechsen, Spinnen und Wegwespen, um nur einige zu nennen. Dabei ist wichtig, dass die Mauer nur lose aufgesetzt und nicht verfugt wird, damit die Hohl­räume erhalten bleiben. Trocken­mauern sind typisch besonders für steile Hanglagen und alte Weinberge. Auch die Flora ist überraschend reichhaltig: von Pflanzenarten wie dem Weißen Mauerpfeffer (Sedum album) über Moose bis hin zu seltenen Flechten.

Im Gebiet gibt es nur relativ wenige Trockenmauern im freien Feld, die umso erhaltenswerter sind: na­türlich besonders in den Steillagen des Michaels­bergs, daneben rund um Obergrombach. Durch die in der Region weitgehend durchgeführte Rebflurbe­reinigung sind viele Trockenmauern verschwunden.

 

Alte Mauern

Ein überaus wichtiges und oft verkanntes Biotop für Spezialistenarten bilden auch alte Mauern in Dör­fern, an Burgen und Friedhöfen. Hier wachsen der seltene Gelbe Lerchensporn (Corydalis lutea, vor allem im alten Städtchen Obergrombach) oder das noch etwas häufigere Zymbelkraut (Cymbalaria muralis); auf der Mauer­krone siedelt sich Dachwurz (Sempervivum tectorum) an. Seltene Flechten und Moose können sich über Jahr­zehnte und Jahrhun­derte langsam ausbreiten. Eine gutgemeinde Mau­ersanierung kann hier irreparablen Scha­den anrich­ten. Ein Beispiel ist das in Deutschland vom Aus­sterben bedrohte Graue Kissenmoos (Grimmia cri­nita), das bei uns nur noch in zwei kümmerlichen Vorkom­men am Bruchsaler Friedhof und in Jöhlin­gen ge­fun­den wird.

 

 

Grabsteine

Alte Grabsteine und Mauern auf Friedhöfen bleiben für Jahrzehnte unberührt. Daher dienen sie zahlrei­chen Flechtenarten als Lebensraum. Eine Sonder­rolle nehmen hier die Judenfriedhöfe mit ihren meist jahrhunderte­alten Grabsteinen ein, die oft flächen­deckend von Flechten überzogen sind. Besonders der Judenfriedhof in Oberöwisheim ist sehr arten­reich, während derjenige auf dem Eichelberg zu stark beschattet ist. Da Grab­steine oft aus kalk­freiem Gestein bestehen, können sich auch Flech­tenarten halten, die ansonsten nur auf kalk­freien Felsen der Gebirge vorkommen.

 

 

Pflasterfugen und "normale" Mauern

In Ritzen und Fugen "normaler" Mauern haben sich einige Spezialisten breitgemacht, die nun in allen Sied­lun­gen zu finden sind. Außerdem sind viele einjährige Unkräuter in den Pflasterfugen zu finden (z. B. das Liebes­gras Eragrostis minor oder "Sternmoos"-Arten der Gattung Sagina). Verfugte Mauern sind aber bei weitem nicht so artenreich wie Trockenmauern. Typisch sind hier Moose (einige "Allerweltsarten") oder Flechten (auffällig viele Gelbflechten, aber auch Lecanora-Arten). Manche Flechten haben sich sogar an Waschbeton ange­paßt - das ist aber so ziemlich das einzige, was hier noch leben kann!

 

 

Steinriegel und Lesesteinhaufen

Das Kraichgauer Hügelland ist durch eine dicke Lössschicht geprägt. Daher gibt es nur an ganz we­nigen Stellen genug Steine, um die Anlage von Steinriegeln auszulösen. Vor allem am westlichen Kraichgaurand war die Lössschicht immer schon sehr dünn und erodierte durch das steile Gelände­profil sehr schnell.

Ein solches Gebiet war neben dem Michaelsberg vor allem der Weiherberg südlich von Bruchsal. Hier liegen viele Äcker direkt auf Muschelkalk bzw. Unterem Gipskeuper. Am Weiherberg finden sich auch noch einige stark verbuschte Steinriegel zwi­schen Resten von Halbtrockenrasen und warmem Schlehengebüsch. Diese sind mit großen Beständen von Weißer Fetthenne (Sedum album) bestanden.

 

 

 

Schotterbiotope, Bahndämme und Kies­werkgleise

Im Bahnhofsgebiet können immer wieder überra­schende Funde gemacht wer­den, nicht nur von Spezia­listen­ar­ten der nährstoffarmen Schotterbio­tope der Randgleise, sondern auch von einge­schleppten Arten. Die mei­sten gefundenen Arten sind nur unbeständig und verschwinden nach einiger Zeit wieder bzw. wurden über­haupt nur ein‑ oder zweimal gefunden. Typisch für Bahngleise sind extrem herbizidresi­stente und trockenheitsertragende Arten, z. B. das Klebrige Greiskraut (Senecio viscosus) oder das Ukraine-Salzkraut (Kali ruthenica).

Sehr artenreich können alte Kieswerkgleise sein, die nur gelegentlich befahren werden bzw. über Jahr­zehnte stilliegen. Auf ihnen stellt sich eine ganz typische Pflanzengesellschaft von konkurrenz­schwachen Arten ein, die in diesem Spezialbiotop eine Überlebensnische gefunden haben. Das ist vor allem der Schmalblättrige Hohlzahn (Galeopsis an­gustifolia) mit einer einzigen Population im engeren Kartierungsgebiet auf den Kies­werkgleisen am Baggersee Untergrombach. Daneben finden wir das sich stark ausbreitende Nelkenköpfchen (Petrorhagia prolifera), den Flohsamen (Psyllium arenarium) oder den Reiher­schnabel (Erodium cicutarium). Zahlreiche Insekten­arten trockener Biotope (vor allem Heuschrecken) kommen in großer Zahl vor, aber auch Bienen und Wespen sind dankbar für die Nistmöglich­keiten an den offenen Stellen.