Am Anfang stand meist eine schlichte "Gestattung" der jeweiligen Gemeinde, die es einem örtlichen Unternehmer erlaubte, an geeigneter Stelle Kies zu entnehmen. Auflagen gab es meist nicht, auch eine Überwachung fand in der Regel nicht statt. Erst mit der Neufassung des Wassergesetzes in den 1980er Jahren gab es gesetzliche Regelungen, die Eingriffe ins Grundwasser detailliert regelten.
Ab diesem Zeitpunkt wurden die Wasserwirtschaftsämter und die Landratsämter mit der amtlichen Kontrolle betraut. Da die meisten Kiesgruben aber zum so genannten "Altbestand" gehörten, mussten sich die Behörden selbst erst einmal mit den Gegebenheiten vertraut machen. Sie besaßen anfangs oft noch nicht einmal Kopien der entsprechenden Urkunden. So hatten sich - je nach krimineller Energie der jeweiligen Kiesgrubenbetreiber - an vielen Orten regelrechte Wildwestmethoden eingebürgert. Man baggerte den Kies, verdiente ordentlich Kies damit - um den Rest scherte man sich oft wenig.
Manche Kiesgruben verkamen zu Mülldeponien. Kies wurde entnommen, Bauschutt und anderer Müll in das Loch hineingefüllt. Ein Baggersee bei Kronau enthält heute noch eine wunderschöne baumbestandene Halbinsel, die komplett aus Bauschutt aufgeschüttet wurde. Ein Unternehmer in Langenbrücken baggerte die Ufer so steil aus, dass sie abzurutschen drohten und sogar eine Ferngasleitung in Gefahr war. Zur Stabilisierung wurden dann einfach Steinabfälle aus einem Steinbruch im Schwäbischen hineingekippt. Alles damals ganz legal! Es war ja nicht festgeschrieben, dass die Böschung nach der Ausbeute aus Kies bestehen musste... In Rheinsheim pflegte ein Unternehmer, der in seinem Betrieb Schleuderbetonrohre herstellte, die Fehlproduktion einfach wieder im eigenen Baggersee zu versenken. Auch er behauptete steif und fest, legal zu handeln. Erst als durch unsere Initiative die Landesschau Baden-Württemberg spektakuläre Unterwasseraufnahmen aus dem See zeigte, mit zerbrochenen Betonrohren und scharfkantigem Baustahl, wurden die Behörden aktiv.
Noch spektakulärer ist ein Fall, der bis heute nicht gelöst ist. In einem Malscher Baggersee wurden hunderte Tonnen der hochgradig mit Schwermetallen und Dioxinen verseuchten Schlacken der ehemaligen Rastätter Metallhütte "Fahlbusch" abgekippt. Einfach aufs Ufer und rein in den See! Als die Sache ruchbar wurde, gab der damalige Umweltminister ein Gutachten bei der Landesanstalt für Umweltschutz in Karlsruhe in Auftrag und ließ nachweisen, dass von dieser Schlacke keine Gefahr ausgehe. Man tat, wie befohlen. Es wurde wissenschaftlich bewiesen, dass sich die Schwermetalle in Wasser nicht lösen würden. In destilliertem Wasser, wohlgemerkt. In leicht saurem Regenwasser lösen sie sich schon teilweise - dies wurde trotz unserer Proteste nicht überprüft. Die Schlacke liegt heute noch, die Malscher Karnickel wühlen sie gelegentlicch an die Oberfläche, aber das stört bis heute keinen (außer uns).
Wo es keine richtige Überwachung gibt, Vermessungen nicht gefordert oder gar nachgeprüft werden, da liegt es nahe, manchmal "etwas mehr" Kies als eigentlich vorgesehen zu entnehmen. Dies war allgemein üblich. Manchmal handelte es sich um viele 100.000 Tonnen an einer einzigen Kiesgrube. Ganze Äcker verschwanden einfach unter Wasser. Spektakulärstes Beispiel: in Karlsdorf hatte sich ein Grundstücksbesitzer geweigert, seinen Acker an die Kiesfirma zu verkaufen. Er wohnte allerdings nicht am Ort und bewirtschaftete diesen Acker nicht. So kam es, das der Acker eines schönen Tages zehn Meter unter Wasser lag... Mit diesem Zeitgenossen war allerdings dann doch nicht so gut Kirschen essen. Er klagte vor Gericht und bekam Recht, dass der Acker wieder hergestellt werden müsse. Vermutlich hat man sich dann doch geeinigt, denn der Acker ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Was dieser Vorgang letztendlich gekostet hat, wissen wir nicht, aber insgesamt wird es sich wohl doch gelohnt haben.
In vielen Genehmigungen fand sich auch früher schon die Auflage, nach Beendigung des Kiesabbaus in bestimmten Abbauabschnitten das Gelände wieder zu renaturieren, um die Wunden in der Landschaft wieder vernarben zu lassen. Doch dies war meist das Papier nicht wert. Faszinierenderweise gab es immer wieder Fälle (etwa in Ubstadt-Weiher), in denen die jeweils nächste Abbaustufe genau dort lag, wo das Ufer eigentlich hätte renaturiert werden sollen. So konnte der arme Unternehmer (leider, leider) die Auflagen zur Renaturierung nicht erfüllen, er musste ja erst weiter baggern. So kam es, dass an manchen Kiesgruben über Jahrzehnten niemals eine Renaturierung stattgefunden hat!
So war es an der Zeit, das geltende Wasserrecht endlich auch an Kiesgruben umzusetzen. Nachdem wir die Fachbehörden lange genug genervt hatten (acht Jahre!), wurde Ende der 1990er Jahre unter Leitung des Landratsamtes ein "Arbeitskreis Kiesgruben" etabliert, der sich der Themen Genehmigungspraxis an Baggerseen, Überwachung des Kiesabbaus und Rekultivierung von Abbaustätten annahm. 18 (!) Fachbehörden waren beteiligt, und dennoch kam es zu sehr konkreten Ergebnissen. In jahrelanger, intensiver Fleißarbeit wurden buchstäblich alle Aspekte aufgearbeitet. Dieser Arbeitskreis existiert heute noch und baut auf die jahrelange Erfahrung seiner Mitarbeiter/innen.
Vor allem der damalige Leiter des Umweltamtes, Dr. Siegfried Schwab, und seine Mitarbeiter und Nachfolger haben Beispielhaftes geleistet. Die Ergebnisse sind mittlerweile alltägliche Praxis nicht nur in unserer Region. Vieles wurde landesweit übernommen. Regelmäßige Kiesgrubenbegehungen finden statt, von der Genehmigung bis zur geregelten Rekultivierung gibt es eine lückenlose Überwachung. Keine Kiesgrube ist deswegen pleite gegangen, die Kiesunternehmer sind sogar überaus zufrieden, weil sich das Ganze als praktikabel und sinnvoll erwiesen hat. Am wichtigsten ist aber: Gleiches Recht gilt für alle.
Spätestens in den 2010er Jahren kamen mehrere lange schwelende Probleme mit Vehemenz an die Oberfläche. Der massive Flächenverbrauch in der Region bedeutet, dass kaum noch Raum für die Erweiterungen der Baggerseen vorhanden ist. Diese schneiden oft in unersetzliche Biotope ein, wie in Karlsdorf-Nord in den Hardtwald und die Saalbachaue oder in Huttenheim in die Reste des Erlich-Moors. Der Bau-Boom bedeutet, dass die Nachfrage nach Kies massiv steigt, womit wir früher nicht gerechnet hätten. Halbe Gemarkungen, wie die bei Oberhausen, sind schon versenkt worden!
Die Freizeitnutzung nimmt zunehmend überhand. Früher dachte man noch, an jedem Baggersee nach der Stillegung ein friedliches Miteinander von Badebetrieb, Angelnutzung und Naturschutzzonen einrichten zu können. Falsch gedacht: in den Naturschutzzonen machen sich die Badegäste überall breit und freuen sich über die Abgeschiedenheit "exklusiver" Eckchen. Eine Lösung, die wir bereits in den 1990er Jahren ins Spiel brachten, lautet: ein Baggersee komplett für die Natur (wie am "Kohlplattenschlag"), einer komplett für die Freizeitnutzung (wie am "Heidesee" bei Forst). Angler und Taucher müssen auch berücksichtigt werden, können aber nicht mit ihren Partikularinteressen dominieren.
Ein drittes Problem: ein stillgelegter Baggersee ohne Zirkulation durch das Baggern wird nach einigen Jahren zwangsläufig und immer umkippen. Es entwickeln sich sauerstofffreie Todeszonen in mittlerer bis größerer Tiefe. Wasserpflanzen sterben ab, schließlich auch die Unterwasserflora und die Fische. Viele Seen müssen daher mühevoll und dauerhaft "belüftet" werden. Am Rhein kann man sich noch behelfen, indem man wieder Zu- und Abflüsse zum Rheinstrom hin schafft - das geht im "Binnenland" natürlich nicht.
So bleiben die Baggerseen ähnlich wie die Bergwerke im Ruhrgebiet "Ewigkeitslasten", die dauerhaft und für teures Geld betreut werden müssen, auch wenn die Kiesgrubenbetreiber mit ihrem Gewinn schon längst abgezogen sind. Ganz zu schweigen von den unersetzlichen, auf ewig verlorenen Biotopen mit ihren Pflanzen und Tieren.
(DH/MH)