Wiesen in Kraichgau und Rheinebene - das waren nicht die von Vieh beweideten Fettwiesen von Schwarzwald und Allgäu, sondern meistens magere, nur zwei- bis dreimal jährlich genutzte Blütenwiesen. Die Viehwirtschaft war auf die Haltung von jeweils nur wenigen Stück Vieh durch Nebenerwerbslandwirte konzentriert. Die Wiesen der Rheinebene waren überaus artenreich, da vielfach sehr mager. Im Kraichgau waren "reine" Wiesen üblicherweise in den feuchten Bachauen zu finden, wo sie als Streuwiese genutzt wurden (s. Kap. "Feuchtbiotope"). Praktisch alle Hangwiesen wurden dagegen zusätzlich als Streuobst genutzt. Besonders auffällig war das in Unteröwisheim, dem "Kirschendorf". Dort war bis nach dem Krieg auf jedem irgend möglichen Fleck der Gemarkung ein Kirschbaum gepflanzt; oft wurde sogar unter den Bäumen Ackerbau betrieben.
Auf den sandigen Hardtflächen war die lohnende Wiesennutzung stets von der Bereitstellung von genügend Dünger abhängig. Dies wurde meist durch Stalldüngung gewährleistet. Entlang der zwischen Dämmen laufenden Bäche mit starker Sedimentführung bewährte sich daneben das System der "Wiesenwässerung": das Wasser wurde nach einem genau festgelegten System in die Wiesen geleitet und die überschüssigen Mengen durch tieferliegende Parallelgräben (z. B. Wagbach, Rußgraben) abgeführt.
Die Geschichte der Wiesenwässerung in der Region wird hier kurz abgehandelt und in einem Buch ausführlich beschrieben.
Über die früher vorhandenen Wiesenflächen und ihre damalige Vegetation sind wir durch die Oberdorfer-Karte von 1934 hervorragend informiert. Ein Vergleich mit heute wurde u. a. von Schach (1988) durchgeführt; außerdem gibt es im Biotopatlas der AGNUS eine sogenannte "Wiesenumbruchskarte", die farbig die Wiesenflächen einst und heute zeigt. Die ernüchternde Bilanz ist, dass über 70 % der ehemaligen Flächen verloren sind (Stand vor der Neueinrichtung durch den Wiesen-Arbeitskreis, s.u.).
Die Wiesenflächen des Gebiets waren früher besonders auf große Flächen in der Rheinebene konzentriert:
‑ das Saalbachgebiet um und nordwestlich von Karlsdorf. Hier fanden sich Ende der 80er Jahre nur noch wenige Flächen, der Rest ist Acker. Früher zogen sich zusammenhängende Wiesen bis zur "Neudorfer Mühle".
‑ die Büchenauer Wiesen Richtung Staffort.
‑ das Gebiet zwischen Bruchsal und der Autobahn ("Tal"). Hier erstreckt sich heute das Industriegebiet von Bruchsal. Eine der letzten zusammenhängenden Flächen am Segelflugplatz wurde von der Fa. John-Deere aufgekauft und ist jetzt ein Maisacker. An den Wiesenflächen direkt am Stadtgebiet ("Krottbach") nagt zunehmender Umbruch.
‑ Die Silzenwiesen zwischen Ubstadt und Bruchsal sind durch Schnellbahn, Baugebiet und Deponie reduziert worden.
- Die Wiesen in den Kammern gegenüber der Mülldeponie in Richtung Forst sind durch Beweidung und Eutrophierung ökologisch verarmt.
‑ Besonders schöne Magerwiesen liegen noch am Postweg südlich von Forst. Sie sind durch den Straßenbau der B-35-Nordumgehung bedroht.
Im Kraichgau war die Gesamtfläche der Wiesen des Gebiets schon immer gering und bezog sich im wesentlichen auf das Saalbachtal zwischen Helmsheim und Bruchsal. Davon sind nur noch einige wenige Reste bei Helmsheim bzw. bei der Ölmühle Bruchsal übrig. Auch bei Obergrombach liegen noch am Hickberg ein paar Flächen. Die eigentlichen Wiesen des Michaelsbergkomplexes sind kleinflächig und vor allem im Nordteil (Grund) zu finden.
Die nächsten größeren Wiesenflächen des Hügellands liegen in der Kraichbachaue (Unteröwisheim, Münzesheim - Gochsheim).
Große neue Wiesenflächen entstanden nach dem Krieg bei zwei Gelegenheiten: zum einen bei der Neuanlage des Standortübungsplatzes der Eichelbergkaserne. Die Fläche wird als extensive Schafweide genutzt. Nach über 20 Jahren ist sie mittlerweile sehr schön ausgemagert und zeigt an manchen Stellen schon Ansätze zu einem Halbtrockenrasen. Die Gesamt-Artenzusammensetzung weicht aber von der "üblichen" Glatthaferwiese deutlich ab. Der Standortübungsplatz ist die bei weitem größte Wiesenfläche des Bruchsaler Hügellands.
1990 wurde dann nach einigen Jahren Vorarbeit der sogenannte "Arbeitskreis Pfinz-Lusshardt-Auen" gegründet. In ihm sind die Gemeinden Bruchsal, Karlsdorf-Neuthard, Stutensee, Hambrücken, Waghäusel, Graben-Neudorf und Philippsburg sowie die AGNUS als beratendes Mitglied vertreten. Aufgabe ist die Wiedereinrichtung von Wiesen auf den alten Wiesenflächen der Rheinebene sowie entlang der Bäche. Der Arbeitskreis hat mittlerweile über 250 ha Wiesen neu eingesät; den Großteil davon im Gebiet des Alten Saalbachs zwischen Karlsdorf und Hambrücken. Die Wiesen werden durch Bauern bewirtschaftet und nur 2-3mal jährlich gemäht. Ein Teil soll auch wieder der alten Bewässerung zugeführt werden. Derzeit sind die "neuen" Wiesen zwar noch recht artenarm; eine schnelle Weiterentwicklung ist aber möglich.
Darunter fallen die "typischen", ein- bis dreimal gemähten Wiesen. Der Botaniker stuft sie meist als "Glatthaferwiesen" nach dem Charaktergras Arrhenaterum elatius ein. Alle Wiesenpflanzen sind an die Mahd angepaßt, entweder durch frühe Vegetationsperioden (die Herbstzeitlose blüht im Herbst und fruchtet im Frühjahr) oder durch die Fähigkeit, nach dem Abmähen erneut zur Blüte zu kommen (gut sichtbar z. B. bei der Wiesenflockenblume Centaurea jacea). Je magerer eine Wiese ist, desto höher ist ihr Anteil an Blütenpflanzen und damit ihr ökologischer Wert! Gedüngte, häufig gemähte Nutzwiesen haben einen hohen Anteil an Gräsern und wenig Blütenpflanzen. Im "ökologisch optimalen Fall" wird daher eine Wiese nur einmal jährlich gemäht und nicht gedüngt. Natürlich ist solches Mahdgut kaum zur Viehfütterung zu verwenden. Daher muss in den meisten Fällen ein Kompromiß zwischen ökologischen Zielen und landwirtschaftlichen Zielen geschlossen werden - meist durch zweimalige Mahd. Manchmal werden einschürige Wiesen auch durch Naturschutzmittel "subventioniert".
Zahlreiche Pflanzenarten können als Charakterarten der Wiesen gelten. Darunter fallen:
- zahlreiche Gräser. Beispiele: Alopecurus pratensis, Wiesen-Fuchsschwanz; Anthoxanthum odoratum, Ruchgras; Arrhenaterum elatius, Glatthafer; Avenochloa pratensis, Wiesenhafer; Bromus mollis, Weiche Trespe; Dactylis glomerata, Knäuelgras; Holcus lanatus, Wolliges Honiggras; Phleum pratense; Wiesen-Lieschgras; Poa, Rispengräser; Trisetum flavescens, Goldhafer u.a.
- Doldenblütler: z.B. Roßfenchel (Silaum silaus) oder Möhre (Daucus carota).
- Kleearten: Weißklee (Trifolium repens), Rotklee (T. pratense), Feldklee (T. campestre), Kleiner Klee (T. dubium) oder Schwedenklee (T. hybridum).
- zahllose andere Pflanzenarten. Hier nur einige Beispiele: Klappertopf-Arten (Rhinanthus) als Halbschmarotzer, Wiesen-Glockenblume (Campanula patula), Labkraut-Arten (Galium) u.v.a.
Die Verbreitung der Nutzwiesen deckt sich im wesentlichen mit der Gesamtverbreitung der Wiesen im Gebiet (s. Einleitung zum Kapitel). Sie nehmen die weitaus größte Fläche aller Wiesen ein.
Über die eigentlichen Feucht- und Seggenwiesen wurde bereits im Kapitel "Feuchtbiotope" berichtet. Ein Übergang zur "normalen" Wiese wird von der Kohldistelwiese gebildet, die nach ihrer auffälligen Charakterart, der Kohldistel (Cirsium oleraceum), benannt ist. Diese Wiesen sind recht feucht, wachsen aber auf nährstoffhaltigen Böden (oft in der Überschwemmungszone von Bächen) und lassen sich daher im Gegensatz zu Streuwiesen und Seggenwiesen jährlich mehrfach nutzen. Die wuchsfreudige Kohldistel kommt auch nach der ersten Mahd noch zur Blüte.
Eine weitere typische Art feuchterer Wiesen in der Rheinebene ist z. B. das Große Blutströpfchen (Sanguisorba officinalis), eine wichtige Futterpflanze von zwei sehr seltenen Bläulingsarten. Im Hügelland fehlt die Pflanze fast überall. Der ökologische Wert von Kohldistelwiesen ist recht hoch, wenn auch nicht ganz so hoch wie bei Seggen- oder Sumpfwiesen bzw. Trockenrasen. Sie sind durch das Biotopschutzgesetz Baden-Württemberg ("§24a") als Sonderfall von Feuchtbiotopen pauschal geschützt. Kohldistelwiesen finden sich im Gebiet hier und da, aber nirgends großflächig. Ein typisches Beispiel ist die Wiesenfläche an der Ölmühle in Bruchsal sowie einige Teile im Gewann Kammern östlich von Forst.
Besonders auf steilen, sonnigen und mageren Lagen des Hügellands kommen Übergänge von "normalen" Glatthaferwiesen zu Halbtrockenrasen vor. Diese Trockenwiesen werden nur extensiv genutzt und bringen kaum Erträge. Manchmal findet man sie auch als Unterwuchs von lockeren Streuobstbeständen in sonnigen Lagen. Sie sind außerordentlich artenreich, da sie sowohl Arten der normalen Wiesen als auch Halbtrockenrasen-Arten enthalten und gehören deshalb zu unseren schützenswertesten Biotopen!
Der Gesamtanteil an Gräsern ist, verglichen mit den "normalen" Wiesen, schon deutlich reduziert. Die Trockenwiesen sind daher durch ihren Blütenreichtum leicht zu erkennen. Als Charakterarten können nur wenige Pflanzen herausgegriffen werden: z. B. die auf Rotklee schmarotzende Kleine Sommerwurz (Kleeteufel, Orobanche minor), das Echte Labkraut (Galium verum) oder vielleicht die Klappertopf-Arten (Rhinanthus), wobei vor allem der Große Klappertopf manchmal in Massenbeständen auftritt. Auch Orchideen können in solche Trockenwiesen einwandern (am Habichtsbuckel z. B. die Spitzorchis Anacamptis pyramidalis) oder die äußerst gefährdete Honigorchis Herminium monorchis.
Größere Trockenwiesenkomplexe des Hügellands finden sich vor allem am nördlichen Michaelsberg im überaus artenreichen und wertvollen "Grund" oder auf der Südseite des Grombachtals im Weiertal und auf dem Habichtsbuckel.
Weideflächen sind im Gebiet relativ selten. Die Viehhaltung wurde von den Nebenerwerbsbauern normalerweise im Stall, durchgeführt; das Mähgut wurde ins Dorf gefahren. Wo allerdings Weidewirtschaft durchgeführt wird, ist der Besatz mit Vieh oder Pferden so hoch, dass die entsprechenden Flächen sehr stark geschädigt und artenarm sind. Der Weidegang führt zur Bodenverdichtung, und der Mineralienverlust des Bodens, der normalerweise zur (heute erwünschten) Abmagerung der Wiese führt, wird durch den Tierkot in etwa wieder ausgeglichen. Weidewiesen besitzen daher einen artenärmeren, viel einheitlicheren Bewuchs. Außerdem führt der von gedüngten Weiden ausgeschwemmte Stickstoff und Phosphor zur Eutrophierung von Grundwasser und Fließwasser. Größere Weideflächen sind im Gebiet fast nur in den Kammern nördlich der Landwirtschaftsschule Bruchsal zu finden.
In und an allen Siedlungen finden sich mehr oder weniger gemähte Rasenflächen. Sie sind gegenüber den Nutzwiesen ökologisch sehr verarmt - im Extremfall wie beim oft geschmähten "Einheitsrasen" können sich außer dem Gras nur noch wenige Arten (Gänseblümchen, Ferkelsalat, Weißklee) halten. Diese werden durch die Gartenbesitzer meist auch noch bekämpft. Rasenflächen sind daher ökologisch fast wertlos. In den Stadtparks und auch in Hausgärten sollte vielmehr darauf geachtet werden, dass man so viele Flächen wie möglich in eine - selten gemähte - Blütenwiese umwandelt. Ein Grund für die Erhaltung von Rasen besteht selten (mit der Ausnahme von Bolzplätzen und Sportplätzen), oft fordert dies nur der "deutsche Ordnungssinn" und die Tradition.