In der Pressemitteilung des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am 6.8.2022 verkündet Cem Özdemir die Lockerung der von der EU vorgegebenen Fruchtfolgen BMEL - Pressemitteilungen - Özdemir: Kompromiss zugunsten der Ernährungssicherung. Im Kontext des Ukraine-Krieges scheint die Strategie eine Logik zu folgen. Aber welche Logik?
Der Untertitel jener Pressemitteilung ist: „Vorschlag an Länder: Etablierte Artenvielfaltsflächen bleiben geschützt, Ausnahme bei Fruchtfolgewechsel möglich“. Nun gab‘s am 21.3.2022 im Rahmen der EU-Agrarminister auch einen Vorschlag zur Nutzung der Brachen: Rat „Landwirtschaft und Fischerei“ - Consilium (europa.eu). Ist die Brache bei den EU-Agrarminister das Gleiche als „etablierte Artenvielfaltsfläche“?
Auch beim Wort Ernährungssicherung muss man nachhaken. Ist da die menschliche Ernährung, Tierfutter oder auch Biogas (Energiewirtschaft) gemeint? Für Weizen gilt, dass knapp 80% für die Futtermittelproduktion angebaut wird. Der Bericht des Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung gibt ein Wenig Struktur in die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland. 2020BerichtGetreide.pdf (ble.de) Nicht nur die Abhängigkeit von Wetter, sondern auch vom Import wird transparent. Nicht nur der Import im Vergleich zur eigenen Produktion, sondern auch der Import aus den spezifischen Ländern. Die Ukraine tritt erst seit 2019 so deutlich in Erscheinung, wie wir es jetzt über Medien aktuell suggeriert bekommen.
Der Bauernpräsident Joachim Rukwied lässt mit seiner Bewertung nicht lange warten (Bauernverband zur Aussetzung von Fruchtfolge- und Still... (verbaende.com)). Er weist aber auch daraufhin, dass die einjährige Maßnahme zu kurz gegriffen sei. Da hat er Recht, denn wenn die Fruchtfolge ausgesetzt werden darf, wird im nächsten Jahr mehr von einem Getreide und weniger vom anderen angebaut werden. Das entsprechende Saatgut muss vorhanden sein und das kommt aus der Produktion der Vorjahre (also aktuell 2021 und 2022). Wenn nun die Saatgutproduktion 2023 nachjustiert werden soll, muss der Absatzmarkt für dieses Saatgut (laut Bauernverband) auch gesichert sein (Aussetzung der Fruchtfolge über einen Zeitraum > 2023).
Nun muss man aber zurück zur Sinnhaftigkeit der Fruchtfolge (Bundesinformationszentrum Landwirtschaft: Die Fruchtfolge in der Landwirtschaft). Das Thema gab’s schon vor der GAP (Gemeinsame Agrarpolitik EU) und auch Bürger kennen die Spezifika aus deren eigenen Gemüsegärten. Die Fruchtfolge ist eine biologische Beschränkung von Schädlingen und Pilzen. Also bewirkt die Aussetzung der Fruchtfolge den Einsatz von biochemischen Bekämpfungsmittel, die bekannterweise den Artenvielfalt schadet. Die Aussetzung der Fruchtfolge bedeutet auch, dass unterschiedliche Landwirte ähnliche Produktionsstrategien entwickeln werden, sodass das Mosaik der Felder eintöniger wird. Die eventuell zwischen den Feldern befindlichen „Brühstreifen“ werden nun von mehreren Seiten vom gleichen Spritzmittel beglückt. Blühstreifen sind oftmals nur optische Mittel zur „Bekämpfung des Artenverlusts“, aber sicherlich keine „Etablierte Artenvielfaltsflächen“, wie in der BMEL Presseerklärung als Terminologie verwendet wurde.
Wenn nun die Sicherung der Lebensmittel nicht der wahre Grund sein kann und die Aussetzung der Fruchtfolgen einen vermehrten Einsatz von Fungiziden und Insektiziden bedeutet, muss Joachim Rukwied, Landwirt aus dem Raum Heilbronn, andere Beweggründe haben. Vielleicht ist es „nur“ der Umsatzzuwachs für sein Klientel. Und was bewegte Cem Özdemir dazu diese Unlogik zu verbreiten?
PC, 10.08.2022