Prächtig, heimisch und ein Problem: Der "Thuja-Killer" Palmar festiva

02. März 2020
Der Südliche Wacholderprachtkäfer (Bild: J. Rheinheimer)

Fremdländische, eingewanderte Tiere und Pflanzen verursachen häufig enorme Schäden und werden aufwändig bekämpft, wie die Goldruten, der Buchszünsler oder der Maiswurzelbohrer. Dass jedoch ein einheimisches, bisher sehr seltenes Insekt plötzlich Ärger bereitet, ist außergewöhnlich, passiert aber gerade.

Sicher ist den meisten von uns schon aufgefallen, dass in ganz Bruchsal in den letzten Jahren die "Thujas", wie die Gartenbesitzer kollektiv zu Thuja, Wacholder oder Scheinzypresse sagen, sterben? Überall sieht man große braune Lücken in den geordneten grünen, fein formatierten Hecken. Manchmal fallen ganze Reihen, über lange Jahre liebevoll gehegt, geschnitten und gepflegt, plötzlich aus.

Der Verursacher ist nicht etwa eine neue Pilzkrankheit oder irgendwas aus Übersee eingeschlepptes, sondern ein heimischer, rund 6 - 8 mm langer Käfer, der auch noch zu unseren schönsten und prächtigsten Arten gehört: der Südliche Wacholderprachtkäfer (Palmar festiva). Dieser ist bei uns nur auf der Schwäbischen Alb heimisch, wo er äußerst selten an Wacholder vorkommt. Über fast 100 Jahre galt er sogar ganz als ausgestorben. Groß war daher die Begeisterung unter den Insektenkundlern, als in den 1970er Jahren wenige Exemplare auf Wacholderheiden der Alb wiedergefunden wurden. Die Art wanderte ganz oben auf die Roten Listen, und man versuchte, sie über Artenhilfsprogramme zu retten. Noch im Buch "Die Prachtkäfer Baden-Württembergs" wird mit Ehrfurcht von dieser großen Kostbarkeit berichtet.

Was dann passierte, war sehr unerwartet. Ungefähr seit 2005 breitete sich die Art rasant vom Süden her in Baden-Württemberg aus. Plötzlich befiel sie nicht nur Wacholder, sondern wie am Mittelmeer auch verwandte Zypressengewächse wie Thuja und Chamaecyparis. Ihre Larven leben im harten Kernholz und bringen die Wirtspflanzen zum Absterben. Der Verdacht liegt nahe, dass hier ein südeuropäischer, toleranterer Stamm der Käfer eingewandert ist, zumal die Art in Südeuropa schon lange an Thuja und Chamaecyparis lebt. Man kann die Tiere aber von unseren heimischen Populationen nicht unterscheiden. Ob diese Ausbreitung nach Norden mit dem Klimawandel zusammenhängt, ist wahrscheinlich, wird aber kaum zu beweisen sein.

Die Ausbreitung geht ungebremst weiter: mittlerweile sind zahlreiche Hecken und Vorgärten befallen, auch in Bruchsal und Umgebung. Bekämpfung ist kaum möglich - die tief im Hartholz lebenden Larven sind mit Spritzmitteln nicht zu erreichen, und die meisten Insektizide sind in Gärten nicht zugelassen. Daher bleibt nur, die befallenen und toten Bäume und Sträucher zu entfernen. Genaueres gibt es z. B. hier zu lesen.

Wir "vom Naturschutz" sehen die Entwicklung mit Gelassenheit. Die befallenen Sträucher sind uns in der Regel schon lange ein Dorn im Auge. Sie haben keine wesentlichen ökologischen Vorteile, sondern gehören ähnlich wie Kirschlorbeer und vergleichbare zu den "fast nutzlosen Deko-Sträuchern". Man kann sie mit großem Öko-Gewinn durch heimische, hübschere und ökologisch wertvollere Sträucher ersetzen. Im Außenbereich, z. B. in Gartenhausgebieten, haben Thuja & Co. sowieso nichts zu suchen und sind in der Regel verboten - nur hat sich keiner um die Durchsetzung des Verbots gekümmert. Das erledigen jetzt die Käfer. Die (heimischen) Wacholder in der Schwäbischen Alb leben dagegen weiter - dort gab es noch kein übermäßiges Käferproblem.

Nur die blickdichte, heiß geliebte Abschirmung zum Nachbarn hin ist vielerorts in Gefahr. Das ist aber kein Naturschutzthema... (MH)