„Wildblumen-Blühstreifen“: teuer, fast immer sinnlos und wenig Nutzen für die Natur

28. Juli 2020
Sehen gut aus, bringen aber keinen ökologischen Nutzen: kommerzielle "Wildblumenmischungen" (Bild: Adobe Stock)

Bei der Fahrt durch Stadt und Land fallen nicht nur immer mehr tote Getreide- und Maisäcker ohne Spuren von Leben auf, sondern bunte Blumenstreifen entlang von Äckern, Straßen und in den Städten. Davor noch stolze Schilder mit „Wir tun was für die Umwelt!“. Alles gut, denkt man? Leider nicht. Das ist alles sogar eher schädlich…

 

Es ist gerade große Mode geworden: jeder Baumarkt und jede Saatguthandlung verkauft „Wildblumenmischungen“. Diese sollen Bienen, Vögel und ganz allgemein die Natur retten. Überall an den Straßen und sogar in Städten und Siedlungen sieht man diese – in der Tat oft sehr bunten – Mischungen anstelle von öden „Scherrasen“.

Die Landwirte sind neuerdings verpflichtet, einige wenige Prozent ihrer Fläche mit solchen „Blühmischungen“ zu „extensivieren“. Das gefällt zwar den wenigsten, aber immerhin denken sie, etwas für die Umwelt zu tun.

 

Leider ist die Wirklichkeit eine ganz andere, und mit solchen Aktionen gibt man nur Geld aus und beruhigt sein ökologisches Gewissen:

- Die in solchen „Mischungen“ enthaltenen Kräuter sind zu großen Teilen nicht heimisch und daher für die wenigsten Bienen und Insekten wirklich nützlich. Arten wie Ringelblume oder Schmuckkörbchen (Cosmea) werden von unseren hiesigen Bienen und Insekten kaum genutzt. (Wenn jemand Interesse an der Bestimmung hat, siehe hier).

- Dazu werden noch spezielle selektierte Zierformen und Sorten, sogar gefüllte, verwendet. Nicht nur sind diese Mischungen nutzlos, sondern es besteht sogar die Gefahr der Verwilderung von neuen Neophyten, die die heimische Vegetation verdrängen.

- Wie viele Untersuchungen herausgefunden haben, sind Flächen mit solchen „Wildblumenmischungen“ nach zwei oder drei Jahren mit hartnäckigen echten Unkräutern überwachsen und lassen sich kaum noch rekultivieren.

 

Was man also wirklich bräuchte, wären Mischungen mit heimischen (!) Wildkräutern, die von spezialisierten Bienen, Insekten und Vögeln mit Gewinn genutzt werden könnten.

Solche Mischungen gibt es aber bisher nur bei wenigen Saatguthandlungen. Außerdem müssen sie an die jeweiligen regionalen Verhältnisse angepasst werden.

Bei den Landwirten sieht es nicht besser aus. Sie dürfen auf den „extensivierten“ Streifen nur wenige vorgegebene Mischungen verwenden, die durchweg kaum geeignet sind. Profitieren tun nur wenige Schädlinge, z. B. einige Blattkäfer an Acker-Senf.

Dazu kommt, dass die Landwirte die „Blühstreifen“ nach einem oder zwei Jahren wieder umpflügen. Weder können mehrjährige Wildkräuter Fuß fassen, sondern wenn Schmetterlinge oder sonstige Insekten tatsächlich wider Erwarten sich in einem Jahr etablieren, werden im Winter ihre Puppen gleich wieder umgepflügt. Längeres Stilllegen ist nicht möglich – da hat die Landwirtschaftsverwaltung ein besonders sorgfältiges Auge darauf. Es könnten sich ja – Gott behüte – Biotope entwickeln, die dann unter das Naturschutzgesetz fallen würden!

 

Fazit: Das Geld ist zum Fenster hinausgeworfen, die Natur hat keinerlei Nutzen und das Artensterben setzt sich fort!

 

Was müssten wir alle gemeinsam tun?

(1) Definieren, welche Wildpflanzenarten unseren Insekten wirklich helfen. Die AGNUS hat hierzu schon eine regionalisierte Liste („Bruchsaler Gartenliste“) veröffentlicht.

(2) Die Landwirte verpflichten, andere, regionalisierte Saatmischungen zu verwenden. Außerdem müssen die extensivierten „Streifen“ breiter, größer und vor allem langlebiger (!) werden. Sie müssen mehrere Jahre existieren dürfen.

(3) Durch Nachfrage dafür sorgen, dass das Angebot an regionalisierten Mischungen mit echten, heimischen Wildkräutern steigt.

(4) Die „Wildblumenmischungen“ aus den Baumärkten ächten und dort durch Lobbyarbeit dafür sorgen, dass sie nicht mehr angeboten werden!

(5) Die von den Gemeinden als „Blühstreifen“ verwendeten und falsch eingesäten Streifen nochmal komplett ändern, die falschen Mischungen eliminieren und mit richtigen Blühmischungen einsäen.

(6) Das Mahdregime von Böschungen und Straßenrändern so anpassen, dass die Artenvielfalt steigt und die Insekten überleben können. Die AGNUS wird hierzu spezielle Empfehlungen für den Bruchsaler Raum veröffentlichen, es gibt sie außerdem bereits von der Pollichia.

Fazit 2: Verantwortlich für das Insekten-, Vogel- und Artensterben unserer Bruchsaler Natur sind nicht die EU oder die Landesregierung, sondern unsere Kommunalpolitiker, die Stadtverwaltung und unsere moderne Landwirtschaft. Statt umzulenken, geht die Vernichtung ungebremst weiter, ohne dass irgendjemand etwas tut.

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